Veränderungen
seit 1993


 

Was hat sich von 1993 bis 2003 in Neuseeland verändert ?

Es ist einfach frappierend, was man nach kaum 10 Jahren an deutlich wahrnehmbaren Veränderungen in diesem dynamischen Land feststellen kann. Und es betrifft alle Bereiche des Lebens der Neuseeländer, wie Sie, lieber Leser und Interessent, selber feststellen können, nachdem Sie meine Beobachtungen studiert haben. Zuvor möchte ich aber betonen, daß die einzelnen Themen nicht nach irgendwelchen Prioritäten, sondern in rein zufälliger Reihenfolge aufgeführt sind. Zu nachfolgenden Bereichen möchte ich meine ganz persönlichen Eindrücke und Erkenntnisse festhalten. Sicher gibt es noch etliche weitere Themen, die interessieren. Aber ich sollte mit meiner Neuseelandseite auch mal fertig werden!

Diese Themen möchte ich behandeln:

 

Aufsiedlung von Urlaubsorten

Generell kann man feststellen, dass vor allem in Ferienregionen bzw. deren Urlaubszentren vornehmlich auf der Südinsel mit Wohngebäuden aufgesiedelt wird. Auffallend ist auch die "Möblierung" kleiner Orte und Städte mit Bänken, Blumenkübeln, orginellen Fußwegbelägen, Fußgängerzonen usw. Dies macht die Zentren natürlich sehr attraktiv. Als Beispiele sind zu nennen: Timaru, Invercargill, Wanganui, Gisborne, Taupo,.....

  • Das einst verschlafene Picton ist förmlich explodiert. Früher, also noch vor 10 Jahren, erwachte das Städtchen zweimal täglich für wenige Stunden zum Leben, immer dann, wenn die Fähre aus Wellington anlegte. Jetzt ist buntes Treiben den ganzen Tag in restaurierten und neuen Stadtvierteln.

  • In Hanmer Springs hat man ein ganz neues Stadtviertel am Hügel aufwärts gebaut, mit allem was dazu gehört, dem Badegast zu gefallen (Restaurants, Bars, Geschäfte usw.).

  • In Queenstown stelle ich schier zügelloses Wachstum fest, die Bebauung mit Wohn- und Geschäftshäusern hat sich wohl verdoppelt, dafür ist das frühere, gemütliche Flair im Zentrum am Ufer des Lake Wakatipu verloren.

  • Der Ort Mount Cook besteht wie bisher nur aus einem Hotelbereich und zahlreichen Lodges. Wegen der vielen Japaner (Anteil an den Touristen hier über 95%) wurde das Hotel zwischenzeitlich großzügig ausgebaut. Die alten Lodges sind wohl inzwischen abgerissen und durch neue mit sicher mehr Unterkünften ersetzt. Da der ganze Ort fest in Hand eines Maori Stammes ist, bleibt wohl privater Zuzug an diesen märchenhaften Ort hoffentlich weiterhin ausgeschlossen.

  • Twizel (gesprochen: Tweisel, schottischer Name), südlich des Lake Pukaki, dagegen, ursprünglich als Siedlung für Arbeiter und Ingenieure der gewaltigen Staudammprojekte der Südinsel errichtet, schläft weiter, es ist keine Veränderung erkennbar.

  • Ebenso zeigt Taupo im Zentrum der Nordinsel Wachstum z.B. im Bereich der Strandpromenade (Restaurants, Boutiquen, Juweliere,...). Taupo und seine Umgebung mit dem Lake Taupo ist das beliebteste Urlaubsziel der Neuseeländer und daher steigt auch hier der Siedlungsdruck für Feriendomizile.

Besiedlung von Küsten und Uferbereichen

An den besonders schönen Küsten, selbst in den Nationalparks, ist eine deutliche Zunahme der Besiedlung mit Ferienhäusern bei einem Einwohnerzuwachs von ca. 500.000 festzustellen. Es sind wohl meist Zweitimmobilien z.B. für den eigenen Familienurlaub.

Derzeit hoch im Kurs stehen so genannte "Lifestyle Blocks" in eher ländlichen Gegenden, etwa in den Marlborough Sounds oder der Abel Tasman Bay. Der Clou:
Das Ferienhaus, in Neuseeland bekannt als bach (sprich: bätsch), ist oft nur per Schiff oder Hubschrauber zu erreichen. Die Romantik hat aber auch ihre Tücken: Eine Neumöblierung z.B. entpuppt sich wegen der beschränkten Transportmöglichkeiten meist als eine Art "Mission Impossible" - weshalb fast alle holiday homes in den Sounds vollständig möbliert angeboten werden.

Nicht unberücksicht lassen kann man das hohe Interesse der Australier am Urlaub im klimatisch angenehmeren Neuseeland. Damit einher geht auch die Besiedlung der Feriengebiete durch Australier für ihr Feriendomizil in "Übersee".

Privatisierung der Landwirtschaft

Ähnlich wie bei uns in der EU war die Landwirtschaft Neuseelands hoch subventioniert. Als letztlich der Staat die Mittel nicht mehr aufbringen konnte oder wollte, läutete er - beginnend 1990 - den totalen Strukturwandel ein, indem alle Subventionen gestrichen wurden. Jammer und Gezeter waren heftig, aber das Gemeinwesen blieb unerbittlich. So wurden die Landwirte über Nacht selbständige Unternehmer. Einige wenige haben das nicht verkraftet und sind insolvent geworden. Die meisten anderen sind heute zufriedene und oft sogar wohlhabende Landwirte.

Damit vollzog sich auch ein Strukturwandel der Industrie für landwirtschaftliche Produkte. Hatten z.B. selbst kleinere Städte ihre eigenen, oft nicht rentabel wirtschaftenden Schlachthöfe, so wurden diese jetzt auf nur ganz wenige, wirtschaftlich geeignete Standorte konzentriert und dabei noch hochspezialisiert. So gibt es nur noch einige große Schlachthofzentren, die ausschließlich Schafe, Lämmer, Rinder oder Hirsche verarbeiten und das bis zum Endprodukt, z.B. Tiefkühlware für Europa.

Das führte auch in anderen Bereichen zum Umbau der Wirtschaft. Dazu gehört u.a. auch die Änderung des gesamten Arbeitsrechtes. So werden Reformen schrittweise und erfolgreich umgesetzt (Beispiel für Deutschland ?)

Die Forstwirtschaft als wichtigster öffentlicher Arbeitgeber fungiert heute zugleich als Auffangbecken der Rationalisierung von Industrie und Landwirtschaft (s.o. Schlachthöfe, Molkereien, Lederindustrie usw.).

Nationalstraßen / Highways

Hatten wir vor 10 Jahren noch zahlreiche (fast die Hälfte) Highways als Schotterstraßen (gravel roads) mit ihren üblen Rumpelstrecken erlebt, so sind hier gewaltige Verbesserungen zu verzeichnen. Lediglich der Highway 38, der den Urewera Nationalpark mit ca. 120 Kilometern durchquert, ist noch nicht asphaltiert. Aber auch das wird sich ändern. Auch im Sinne der Sicherheit des Verkehrs und seiner Teilnehmer hat sich viel getan. Leitplanken z.B. - 1993 noch so gut wie unbekannt - sind jetzt überall, wo notwendig, angebracht. Insgesamt eine große finanzielle Leistung des Landes.

Unter allen Straßen ist die "Crown Range" bei Queenstown ein besonderes Highlight: 1993 noch als gefährliche Schotterpiste für Leihwagen absolut verboten (Versicherungsschutz entfällt), ist sie jetzt in spektakulärer Weise erweitert und asphaltiert worden. Das ist wahrlich eine straßenbauliche Meisterleistung und heute also ein landschaftliches Erlebnis ohne Risiko, das man unbedingt erleben muß........!

Wanderwege in den Nationalparks

Wie schon in meinem Reisebericht von 1993 erläutert, kann man nur größtes Lob über die Qualität und den Zustand der offiziellen Wanderwege sagen. Inzwischen wurde noch eins daraufgesetzt, nämlich die landesweit einheitliche Kennzeichnung aller, auch der kleinsten, Attraktionen und Wege. Hier ist der nationale Wille sichbar, die Touristenzahlen weiter kräftig zu steigern. Es geht hierbei weniger um den Neuseeländer selbst, der, von Ausnahmen abgesehen, lieber mit dem Auto unterwegs ist als zu wandern, sondern um die Besucher aus Übersee, die meist längeren Urlaub in Neuseeland machen und damit bereits heute ein erheblicher Wirtschaftsfaktor sind.


Hinweis zu einer Attraktion

Liberalisierung des "Alkoholverbotes"

Die Goldgräberzeit der 1860-er Jahre war der Beginn der "Trockenzeit" (Prohibition). An der Coast - damit ist immer die Westküste der Südinsel gemeint - wurde das Verbot aber fast nicht beachtet. Das ist zu erklären aus der Mischung der Bewohner aus Schotten und Iren. Deren Trinkverhalten könnte man mit "möglichst schnell und möglichst viel" beschreiben. Die Coast hatte damals die größte Dichte an Kneipen, 1 auf 200 Einwohner!

Bis Anfang der 60-er Jahre gab es in Restaurants keinerlei alkoholische Getränke. Als 1. Schritt der Lockerung war die "Gute alte Zeit" des BYO (Bring Your Own). Für den meist mitgebrachten Wein wurden gegen einen geringen Obulus vom Kellner passende Gläser gebracht, die Flasche entkorkt und die Gläser eingeschenkt.

Zu unserer Überraschung sind Alkoholika jetzt ohne Einschränkung in Supermärkten u.Restaurants erhältlich (auch sonntags). Dafür müssen die Betreiber allerdings zusätzliche Steuern zahlen, es muss sich das Geschäft mit dem Alkohol also lohnen. Manche Lebensmittelgeschäfte und -märkte machen deswegen (noch) nicht mit.

Dies führt letztlich dazu, dass in Strassencafes, -kneipen, Biergärten usw. Alkohol jetzt auch in aller Öffentlichkeit konsumiert wird.

Maori und das Drogenproblem

Zuerst die gute Nachricht, eine schlechte gibt es diesmal nicht:

Dem vor 10 Jahren noch erkennbare Alkoholismus unter den Maori konnte in Zusammenarbeit der Regierung mit den jeweiligen Stammeshäuptlingen erfolgreich Einhalt geboten werden. Wie ist das möglich? Dazu muß man die Traditionen der Maori kennen und diese wie folgt nutzen:

Ein Maori, der keinem Stamm angehört bzw. die Stammesangehörigkeit nicht nachweisen kann, ist für Maori nicht existent. Dies ist die schlimmste Strafe, die einem Maori passieren kann: der Ausschluß aus der Gemeinschaft seines Stammes.

So haben Regierung und Stammeshäuptlinge beschlossen, die Sozialhilfe für die Alkoholabhängigen nicht mehr dem Individuum, sondern dem jeweiligen Stammeshäuptling zur Verteilung zu überlassen. Damit hat der mächtige Häuptling in der Maori-Gesellschaft die finanzielle Kontrolle über diese Betroffenen und das kann er sehr gezielt umsetzen. Er droht dem Betroffenen letztlich den Ausschluß aus dem Stamm an, wenn dieser nicht vom Alkohol ablässt. Und das scheint fast 100-prozentig zu wirken. Jedenfalls habe ich jetzt keinen angetrunkenen Maori mehr gesehen.
(Das sollten die Amerikaner mal bei ihren Sorgenkindern, den Indianern, versuchen und einführen!)

Essen / Restaurants

Es ist wohl dem Tourismus aus Europa zu verdanken, dass sich die 1993 meist noch angetroffene langweilige englische Küche in Richtung französischer Küche wandelt. Steaks sind mindestens so gut wie in Frankreich (Fleisch in hoher Qualität von freilaufenden, glücklichen Rindern !). Auch finden sich zunehmend Restaurants mit ausländischer Küche wie italienisch, japanisch, chinesisch, thailändisch ...... Nur zum Frühstück im Hotel gibt es durchweg noch die fette, warme Küche (cooked breakfast). Wilhelm konnte für unsere Gruppe meist mit Erfolg die Käseplatte zum Frühstück durchsetzen. Es gibt also durchaus noch Verbesserungspotential!

Bemerkenswert ist überall der tolle Service in Restaurants, Kaufhäusern und Geschäften. (Hieran könnte sich Deutschland ein Beispiel nehmen). Lebensmittel u. Restaurantbesuche sind durchaus preiswerter als bei uns (2003).

Kulturschock Aukland

Der Besucher Auklands, der größten Stadt Neuseelands, erwartet eigentlich eine durchaus europäische Stadt, wie es z.B. Christchurch und Wellington auch sind. Weit gefehlt! Die Millionenstadt ist zumindest im Zentrum tagsüber mehr asiatisch als europäisch. Als die Einwanderungsgesetze noch liberaler waren, haben dies vor allem Asiaten genutzt, sich hier Existenzen aufzubauen.

Damit Aukland nicht weiter aus allen Nähten platzt, ist die Stadt, obwohl größter Arbeitsmarkt im Land, z.Zt. für Immigrantenzuzug gesperrt, von Ausnahmen bei dringend benötigten Spezialisten mal abgesehen. Ausländer erhalten für längeren Aufenthalt zudem nur in ausgewählten Berufen - in allen anderen Landesteilen - Beschäftigungen. Beliebt sind bei urlaubenden jungen Leuten Aushilfsjobs im Dienstleistungsbereich, meist in der Gastronomie. Einwanderungswillige, die bereits über 50 Jahre alt sind, haben nach den neuen Gesetzen seit 2003 gar keine Chancen mehr, es sei denn, sie investieren im Minimum eine Million NZ$.

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