Tradition und Kultur

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Die Entststehung der Frau

Quelle: "Märchen aus Neuseeland" von E. Jakubassa (Hrsg.), Bechtermünz Verlag

Te Matorohanga hat die Geschichte von der Schaffung der Frau weitergegeben:

Eines Tages begannen die Söhne von Rangi und Papa darüber nachzudenken, wie das Ira Tangata, das menschliche Leben, geschaffen werden könne.

Da sie alle männlichen Geschlechts waren, beschlossen sie, in der Natur nach Uha, dem weiblichen Element zu suchen, um das männliche mit dem weiblichen Element zu verbinden und so menschliches Leben zu schaffen.

Tane leitete die Suche nach Uha, und bei seiner Suche übte er sich in der Zeugung.

So tat er sich zum Beispiel mit Hine-waoriki zusammen, dem Mädchen des Niederwaldes, und die gebar alsbald Zwillinge, den Kahika-Baum und den Matai.

Dann tat er sich mit Mumuhanga zusammen, und die gebar den Totara.

Und so ging es weiter, bis neun verschiedene Baumarten entstanden waren und das Farnkraut.

Seine Verbindung mit Punga schuf Insekten und Ungeziefer, die Verbindung mit Parauri den Tui.

Viele andere Vogelarten entstanden in der Folge, ja selbst Parawhenuamea, das Wasser, entstand, nachdem Tane Hinetuparimaunga, dem Mädchen des Berges beigewohnt hatte. Die Nachkommen aus dieser Verbindung zeugten andere Nachkommen, und Tane wurde der Großvater der Taniwhas [Ungeheuer in Tierform], Eidechsen, Felsklippen und des Gesteins, des Sandsteins, der Steine, des Kieses und des Sandes.

Noch immer aber hatte er nicht das weibliche Element gefunden.

Verzweifelt wandte sich Tane da an Papa-tu-a-nuku, seine Mutter, die Erde, und fragte sie, wo und wie er das Uha finden könne.

Papa sagte ihm, daß er zum Strand von Kuruwaka gehen solle, und dort, auf dem mons veneris der Mutter Erde, würde er roten Lehm finden; aus diesem Lehm sollte er dann eine Frau nach der Gestalt der Götter formen.

So geschah es auch: Tane und seine Brüder machten sich auf zum Strand von Kurawaka und formten eine Frau nach dem Vorbild der Götter.

Die Götter schufen auch die Organe der ersten Frau - Raho, die labia majora, und Werewere, die labia minora. Tawhiri, Gott des Windes, schuf die Lungen.

Es blieb jedoch Tane überlassen, die Frau aus Erde zum Leben erstehen zu lassen. Er beugte sich über Hineahuone, was soviel bedeutet wie »Frau aus Erde«, und atmete in ihre Nasenlöcher. Da begann die Frau aus Erde zu atmen, nieste, und war ganz offensichtlich lebendig.

Ira Tangata, das menschliche Leben, war entstanden.

Obwohl nun Tane und seine Brüder die erste Frau geformt und auch die Organe ihres Körpers geschaffen hatten, wußten sie noch nichts über das Wesen der Fortpflanzung.

Tanes Versuche, Hineahuone beizuwohnen, schlugen lange fehl; sie sind jedoch die Ursache der verschiedenen Sekrete des Körpers, die überall da entstunden, wo Tane sich in der Fortpflanzung versucht hatte. Das Ohrenschmalz entstand auf diese Weise, und auch der Speichel, der Schweiß der Achselhöhlen und die Ausscheidungen des Körpers.

Endlich aber gelang es Tane doch noch, das männliche mit dem weiblichen Element zu verbinden, und aus dieser sexuellen Verbindung ging Hinetitama, das Mädchen der Morgendämmerung und Mutter der menschlichen Rasse, hervor.

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Copyright © 2004 Hartmut Spahr. Alle Rechte für Texte und Fotos vorbehalten.