Natur- und Umweltschutz in Filderstadt 2007


Wasser - ein ganz besonderer Saft

Hartmut Spahr
Biotopkartierer Filderstadt

Gemeinhin sagt man das zu unserem Blut, aber was wäre Blut ohne Wasser? Trockenpulver! Und was wäre der Mensch ohne Wasser? Ca. 20% seines Gewichtes Trockenmasse!

Ohne Wasser gäbe es uns und die Welt, wie wir sie sehen und kennen, nicht. Schon im Altertum hatten die Menschen Erde, Wasser, Luft und Feuer als die 4 Elemente unseres Lebens erkannt. "In seinem Element sein" heißt schon immer, in Übereinstimmung mit seinen schönsten Möglichkeiten zu leben.

Nun, das alles ist erklärungsbedürftig. Fangen wir ganz einfach mit etwas Chemie an. Wasser besteht aus zwei Atomen Wasserstoff und einem Atom Sauerstoff, H2O. Also entsteht aus zwei Gasen, dem leichtesten Element Wasserstoff und dem oxidationsfreudigen Sauerstoff, lebensspendendes Wasser. Dieses - auch Wasserstoffoxid genannte - Wasser kann selbst drei Aggregatzustände einnehmen:

  1. flüssig
  2. gasförmig als Wasserdampf
  3. fest als Schnee oder Eis

Dies ist eigentlich nichts Besonderes, wäre da nicht die Anomalie, eine ungewöhnliche Ausnahme in der chemischen Landschaft: Wasser erreicht bei +4 Grad Celsius seine höchste Dichte bzw. sein höchstes Gewicht aller seiner Aggregatzustände. Wer schon einmal in einer Gießerei war oder zu Silvester Blei gegossen hat wird sich erinnern, dass festes Metall in flüssigem Metall nicht schwimmt, sondern untergeht. Nicht so beim Wasser, denn das feste Eis schwimmt auf Wasser.

Was wäre, wenn das nicht so wäre?

Würde Eis im Wasser untergehen, so wäre alles Wasser zu Eis gefroren, unsere Erde also eine einzige Eiswüste. Anders ausgedrückt: Die Anomalie des Wassers hat erst alles Leben, Flora sowie Fauna, auf diesem Planeten Erde ermöglicht. Welch ein Wunder der Schöpfung.

Damit aber nicht genug der Besonderheiten des Wassers:

Die Wassermenge dieser Erde bleibt stets gleich, d.h., dass es einen Wasserverbrauch gar nicht gibt. Vielmehr verwandelt sich Wasser ständig innerhalb seiner drei Aggregatzustände, ohne dass sich die Gesamtmenge ändert. Hier spricht man vom sog. Wasserkreislauf, der u.a. für unser Klima verantwortlich ist und dabei auch die Kräfte des Windes erzeugt.

Was wir Menschen an Wasser "verbrauchen", ist einzig die Verschmutzung des Wassers durch Gebrauch, z.B. im Haushalt (Waschen, Putzen, Spülen, …) und in der Industrie (Produktionsprozesse, Kühlmittel, Lösungsmittel, …). Wie alle Lebewesen benötigen auch wir Menschen Wasser. Es dient uns aber ausschließlich als Lösungsmittel und zur Verteilung von Boten- und Nährstoffen. "Verbrauchtes " Wasser scheiden wir auf verschiedenen Wegen wieder aus und geben es damit dem Wasserkreislauf zurück. Diesen Verlust gleichen wir durch die Nahrungsaufnahme wieder aus.

Eine weitere Besonderheit des Wassers ist seine Oberflächenspannung. Diese erlaubt es dem Wasser, sich bei kleinstmöglicher Oberfläche und minimaler Verdunstung Raum sparend zu versammeln. Ein Tropfen Wasser ist dabei eine Grenzerscheinung. Ehe sich z.B. der Wasserdampf der Luft zu Wasser verflüssigt, klumpen sich die Moleküle zu winzigen Tröpfchen. Und manche Insekten können die Oberflächenspannung nutzen, um auf dem Wasser zu laufen.

Nun einige globale Betrachtungen zur Bedeutung des Wassers samt gegebener und sich abzeichnender Probleme:

Wasser ist sowohl Ursprungsort als auch Bestandteil aller irdischen Lebensformen. Daneben reguliert es das Klima und ist wesentlich an der Formung der Erdoberfläche beteiligt.

Bedeutung für das Klima:

Wasser beeinflusst entscheidend unser Klima und ist Basis nahezu aller Wettererscheinungen, bedingt durch seine hohe Mobilität und Wärmekapazität. In den Ozeanen wird die einstrahlende Sonnenenergie gespeichert. Diese - regional unterschiedliche - Erwärmung führt wegen der Verdunstung zu unterschiedlicher Konzentration der im Wasser gelösten Stoffe, da diese ja nicht mitverdunsten. Dieses Konzentrationsgefälle erzeugt globale Meeresströmungen, die sehr große Energiemengen in Form von Wärme transportieren (z.B. Humboldstrom, äquatorialer Strom, Golfstrom, mitsamt ihren Gegenströmungen). Ohne Golfstrom würde in Mitteleuropa arktisches Klima herrschen.

Bei der Erwärmung verdunstet Wasser. Als Wasserdampf, Wolken oder Nebel enthält und transportiert es Wärme, die für sämtliche Wetterphänomene entscheidend verantwortlich ist. Der aus den Wolken fallende Niederschlag und der Wasserdampf bewässern die Ökotope. Das Verhältnis der Gesamtverdunstung eines Gebietes zum Niederschlag entscheidet darüber, ob sich trockene Steppen und Wüsten oder feuchte Wälder und Waldsteppen entwickeln. Die Vegetation auf den Landmassen ist dabei auch eine klimatische Größe.

Wasserkraft:

Die Wasserkraft gehört zu den regenerativen, sprich erneuerbaren Energiequellen. Mit Wasserkraftwerken werden knapp 18% der weltweit erzeugten elektrischen Energie gewonnen. Wasserkraft ist damit die einzige erneuerbare Energiequelle, die nennenswert zur Versorgung der Erdbevölkerung beiträgt. Die anderen regenerativen Energieformen wie Sonne, Wind, Erdwärme und Biomasse betragen zusammen nur rund 2,1%.

Erosion:

Die Vertiefung der Erdoberfläche durch Fließgewässer oder Gletscher bezeichnet man als linienhafte Erosion. Wind und Meeresbrandung erzeugen dagegen flächenhafte Erosionsformen.

Durch Verwitterung wird Gestein und Boden chemisch und physikalisch zerkleinert, dann weggeschwemmt und abgetragen, was im Laufe von Jahrtausenden zur Bildung von Tälern führt. Dadurch schneidet sich ein Fluss beständig weiter in Richtung zu seiner Quelle hin in den Untergrund ein. In Gebieten mit entsprechend kaltem Klima bilden sich Gletscher, die sich ebenso talwärts bewegen wie das Wasser der Flüsse, jedoch nur mit wenigen Metern pro Jahr, was aber zu ebenso deutlichen Erosionserscheinungen führt.

Die Brandungswellen des Meeres erodieren das Gestein der Küstenregionen. Diese Erosionsform greift das Festland auf breiter Front an und führt zu Hohlkehlen sowie Hohlräumen im Gestein, die mit der Zeit einstürzen. Im Küstenverlauf entstehen so Steilwände, die Kliffs, auf Meeresniveau dagegen immer breiter werdende Flächen.

Wüstenbildung:

In relativ trockenen Gebieten verschlechtert sich der Boden ständig durch die sog. Desertifikation, der fortschreitenden Wüstenbildung. Diese bewirkt die Entstehung bzw. Ausbreitung von Wüsten oder wüstenähnlichen Verhältnissen. Die Wüstenbildung kann durch Wind, Wasser oder Versalzung fortschreiten. Die wesentlichen Ursachen beruhen auf menschlichen Handlungen. Der häufigste Eingriff des Menschen in den Naturhaushalt der Trockengebiete ist die Überweidung, d.h. der Viehbestand pro Fläche ist unter den gegebenen trockenen klimatischen Verhältnissen zu groß. Durch die Beweidung wird deshalb die Pflanzendecke immer schütterer und der Boden wird aufgelockert. Die Folge davon ist eine zunehmende Erosion, wodurch dem Pflanzenwuchs die Basis noch weiter entzogen wird.

An zweiter Stelle ist eine unangepasste ackerbauliche Nutzung anzuführen. Verkürzte Brachezeiten, fehlerhafte Bewässerungstechniken, die Erosion begünstigendes Pflügen an Hängen und ungeeignete Pflanzen sind Ursachen von Bodenveränderungen, die zu geringerem Bewuchs und damit zu stärkerer Erosion führen. Ein Teufelskreis also. Das Einbringen chemischer Stoffe wie Dünger und Pestizide und die maschinelle Bodenbearbeitung und die damit verbundene Verdichtung beeinträchtigt das Bodenleben, was bis zur Ausrottung der Tierwelt in der Bodenkrume führen kann.

Schließlich ist auch die Entwaldung in Trockengebieten - aber nicht nur dort - als nennenswerte Ursache der Wüstenbildung anzuführen. Die Gewinnung von Ackerland und der Bedarf an Brenn- und Bauholz weltweit haben in vielen Gebieten der Erde (Amazonasbecken, Kanada, Thailand usw.) den Baumbestand dramatisch reduziert, insbesondere auch in vielen dicht besiedelten Regionen Afrikas.

Die Folgen sind aus ökologischer und ökonomischer Sicht tief greifend und dabei fast durchweg negativ. Die land- und insbesondere forstwirtschaftliche Produktivität, Artenvielfalt und auch Individuenzahl nimmt markant ab, was gerade in ärmeren Ländern aufgrund der großen Abhängigkeit von natürlichen Ressourcen sowie durch die meist geringen Reserven und Ausweichmöglichkeiten schwerwiegende, irreparable Folgen haben kann.

Wasserkrise:

Eine Wasserkrise ist ein Zustand des Wassermangels. Es ist eine besorgniserregende Situation, die sich insbesondere in trockenen und halbtrockenen Gebieten der Welt abzeichnet. Dort haben sich Menschen angesiedelt und erfahren durch natürliche Zyklen, ungeschickte Landnutzung, Bevölkerungszunahme oder problematische politische und technische Maßnahmen einen Wassermangel.

Weltweit leben nach Ermittlungen der Vereinten Nationen etwa 1,2 Milliarden Menschen = ein fünftel der Mendchheit unter Trinkwasserknappheit, die Hälfte davon Kinder. Die Zahl der Menschen wächst global - bis zum Jahr 2050 gehen die UN von etwa 8,9 Milliarden Weltbürgern aus. Damit vergrößert sich auch die Konkurrenz um den Zugang zur lebenswichtigen Ressource Wasser. In den kommenden Jahren drohen sich weltweit die Wasservorräte weiter zu verknappen, so dass im Jahr 2025 etwa 1,8 Milliarden Menschen keine ausreichenden Trinkwasserressourcen zur Verfügung stehen könnten.

Nach einem neuen Bericht des WWF müssen in Zukunft auch die Industrienationen mit dramatischem Wassermangel rechnen. Die fatale Kombination aus Klimaveränderung und schlechtem Ressourcenmanagement sorgt nämlich dafür, dass auch die reicheren Nationen immer mehr unter Druck geraten. In Europa haben die Niederschläge in den vergangenen Jahren deutlich abgenommen, zudem sind die Gletscher, die als Süßwasserreserve gelten, immer weiter abgeschmolzen. Gefährdet sind auch die großen Städte Australiens, dem von Natur aus trockensten aller Kontinente. Auch in den USA und Kanada wird in vielen Regionen schon jetzt viel mehr Wasser verbraucht als eigentlich vorhanden ist.

Fazit:

Der Nahe Osten und Nordafrika sind heute die Regionen mit dem am stärksten ausgeprägten Wassermangel. In den nächsten 25 Jahren wird erwartet, dass sich dieser Mangelzustand auf Pakistan, das südliche Afrika sowie auf große Teile Indiens und Chinas ausweitet. Damit werden auch Konflikte um Wasser zwischen und innerhalb von Staaten zunehmen mit ggf. fatalen Folgen. Weiterhin stellen Nutzungskonflikte zwischen Landwirtschaft, Haushalten und Industrie sowie ein verschwenderischer Umgang mit Wasser hohe Herausforderungen für die künftige Wasserwirtschaft dar.

2002 hat der UN- bzw. Weltgipfel in Johannesburg die herausragende Wichtigkeit dieses Themas betont. Dort wurden für den Zugang zu Wasser und sichere Sanitärtechnologien sog. Millenniumsziele festgeschrieben: Die Zahl der Menschen, die keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser haben, soll bis 2015 halbiert werden.

Natürlich gibt es noch weit mehr Aspekte zum Wassers, die zu behandeln diese Arbeit sprengen würde. Denkbar wäre z.B. eine Diskussion zum Thema "Wasser als Lebensraum und die Bedeutung für unsere Ernährung", die "Wirtschaftliche Bedeutung des Wassers für Schifffahrt und Welthandel" u.a.

 

 

Wenn wir jetzt das Phänomen Wasser noch einmal Revue passieren lassen und uns erinnern, dass rund 71% unseres Planeten damit bedeckt ist, hätten wir doch allen Grund, unsere Welt nicht "Erde", sondern "Wasser" zu nennen.


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